Text: SONJA KROLL
Architekt, DJ, Designer, Unternehmer, Mentor, Role Model. Man könnte Virgil Abloh auch einen “Renaissance Man” des 21. Jahrhunderts nennen – einen dieser ganz besonderen Menschen mit einer unendlichen Bandbreite an Talenten. Mit nur 41 Jahren ist das Design-Multitalent vergangene Woche überraschend verstorben. Wir würdigen den Gründer von Off-White und Creative Director von Louis Vuitton Menswear mit einem Rückblick auf seine einzigartige Karriere und seinen kulturellen Einfluss, der noch weit über sein Ableben hinaus gehen wird.
Vita
Der 1980 in Chicago geborene Abloh stammte aus einer Einwandererfamilie und interessierte sich schon früh für die Nähkünste seiner Mutter. Nach dem Abschluss am Illinois Institute of Technology sattelte der frisch gebackene Architekt als Praktikant im italienischen Luxushaus Fendi um – eine Wende, die seine Karriere entscheidend beeinflusste. Denn bei Fendi machte zu dieser Zeit auch ein gewisser Kanye West ein Praktikum, mit dem Abloh schon während seiner Studienzeit zusammengearbeitet hatte. Die kollaborative Beziehung der beiden zog sich durch Ablohs gesamte Karriere.
Zunächst sammelte Abloh als Creative Director bei Kanye Wests Agentur Donda Erfahrung, die er kurz darauf bei der Gründung seines ersten Unternehmens Pyrex Vision umsetzte. Mit seinem Fashionhaus Off-White stieg Abloh dann in die Welt der High-End-Mode ein. Seinen archtiktonischen Hintergrund drückte er in einzigartigen Utility-Designs aus, oft inspiriert von legendären Bauwerken wie Mies van der Rohes Meisterwerk ‘Farnsworth House’.
Collabs
Von Schuhen für Converse bis hin zu Parfum für Byredo, mit Off-White verfolgte Abloh zahlreiche Kollaborationen, die die Brücke nicht nur zwischen seinem Unternehmen und anderen namhaften Fashion-Brands wie Louis Vuitton oder Converse, sondern auch mit multinationalen Unternehmen schlug. 2019 entwarf Abloh für Ikea die Kollektion „Markerad“ – mit typischen Lettering-Prints auf Teppichen und Tüten. Für Mercedes verwandelte er 2021 einen G-Class-Geländewagen in eine Skulptur, und mit Evian entwickelte der Designer eine wiederbefüllbare Wasserflasche. Der Musikszene eng verbunden, kollaborierte Abloh auch immer wieder mit Weggefährten wie Ye oder Travis Scott. Seine Designkunst würdigte das Museum of Contemporary Art Chicago 2019 mit der Ausstellung “Figures of Speech”. Aber über allem anderen dürften wohl die Kollaborationen mit Nike für die Air Jordan, Air Force 1 und Air Vapormax Sneakers herausragen.
Fashion Influence
Vom Time Magazine wurde Abloh 2018 als einer der 100 einflussreichsten Menschen der Welt ausgezeichnet. Kein Wunder, denn seine innovative Designästhetik stellte die Verbindung zwischen Streetwear und Luxuskleidung her. High-Fashion-Tracksuits und Sneakers auf den Fashion Weeks aller Welt sind heute selbstverständlich. Doch der Trend zu Leisurewear war vor allem von Off-White angetrieben, bevor sich die restliche Luxusindustrie anschloss. Man denke nur an Ablohs Hoodies und Sneakers, aber auch die ikonische ‘Mona Lisa’ Handyhülle. Abloh verstand es, Streetwear und Couture zu verbinden – manchmal sogar direkt nebeneinander in kontrastreichen Outfits wie Tüllröcken, die er mit dekonstruierten Hoodies oder Trainingsjacken kombinierte.
Style
Dabei war Abloh mit dem Begriff Streetwear nicht immer happy, fühlte sich sogar eingeengt von dem Label. 2018 erreichte er seinen absoluten Karrierehöhepunkt und wurde zum Creative Director von Louis Vuitton Menswear berufen. Damit wurde er der erste Schwarze Chefdesigner des Labels und einer der ersten Designer of Colour in einer vergleichbaren Rolle. Dieser persönliche Erfolg für Abloh dürfte auch allgemein als ein riesiger Schritt in Richtung Diversität gesehen werden, zumal Ablohs Vision für Louis Vuitton vor allem auf Inklusion setzte.
Mit seinem architektonischen Hintergrund, seiner Liebe zur Musik und seinen unsterblichen Designs für Off-White und Louis Vuitton hat Abloh in der Fashion-Welt Zeichen gesetzt – und die Real World sehr viel schöner gemacht.