Die Kreativität Londons, das Erbe Mailands, die Pariser Klassik und die Vielfalt New Yorks sind in der Mode unverwechselbar. Aus einem anderen Winkel der Welt gibt es aber richtig Gegenwind für die vier großen Modehauptstädte. Scandi-Style mischt die Modewelt auf.
Wenn dich skandinavischer Stil inspiriert und – seien wir doch mal ehrlich – du auch ein wenig neidisch auf Skandinaviens frische Interpretation des Minimal-meets-Maximal-Looks bist, bist du sicher nicht die Einzige. Die ganze Welt ist verliebt in alles Skandinavische - vom Mid-Century-Möbeldesign bis hin zu bodenständigen, gemütlichen Konzepten wie „Hygge“.
Das Modepublikum ist keine Ausnahme, wenn es um die Vorliebe für skandinavischen Stil geht. Inspiriert von der souveränen Interpretation bequemer und klassisch-cooler Outfits aus der Region, sind die Fashion Weeks in Stockholm, Kopenhagen und Oslo die großen Premieren für die spannendeen Skandi-Visionen für die kommende Saison.
Diese genannten Städte sind Schaufenster für Brands und Trends – von der verspielten Welt GANNIs über die Alltagsuniform von Totême, die klassischen Looks von Acne Studios bis hin zu den nachhaltigen Basics von Filippa K.
Wir tauchen mit der schwedischen Produktentwicklerin und Content-Creator Ellen Claesson (@ellenclaesson) in Scandi-Stil, Trends und Brands ein.
Was ist Scandi-Style überhaupt?
Einst mit strengen Basics assoziiert, hat sich die skandinavische Mode so entwickelt, dass bei ihr der Tragekomfort im Vordergrund steht. „Für mich ist Scandi sowohl minimalistisch als auch nachhaltig“, sagt Ellen. „Die Menschen in Skandinavien kennen sich im Allgemeinen sehr gut aus und sind interessiert an ihrer lokalen Modebranche.“
„Die Leute schätzen gut genähte Kleidungsstücke und stylische Schnitte, und wir Skandinavier haben immer die Funktionalität des skandinavischen Alltags im Auge. Glücklicherweise haben wir auch fantastische Brands in unserer Heimat.“
Der skandinavische Stil stand für lange Zeit in der Minimalismus-Ecke, die für tonale Farbverläufe und Schwarz von Kopf bis Fuß bekannt ist. Marken wie GANNI und Stine Goya haben die Farbpalette mit einladenden, auffallenden und hellen Ergänzungen aufgefrischt. Das ist Scandi 2.0.
Und während sowohl dänische als auch schwedische Designer weiterhin das schlichte weiße Hemd und maßgeschneiderte Hosen neu erfinden, sind lange Blumenkleider mit bequemen Turnschuhen ebenso immer noch relevant.
Praktikabilität ist schließlich immer noch die Definition des skandinavischen Looks. Und damit meinen wir nicht nur ein Paar bequeme Sneaker beim Pflastertreten in Nørrebro – wir meinen den rundum praktischen Ansatz, sich dem modernen Leben gemäß anzuziehen.
Wenn du maximalistische Ärmel und Riemchensandalen tragen möchtest, dann mach das (aber nimm auch deine Korbtasche mit und pass auf, dass dein Aufzug auch zum Radfahren geeignet ist). Schrecke nicht davor zurück, dich auch mal „aufzurüschen“. Denk einfach daran, deine eigene Version von „High and Low“-Style für den perfekten Kontrast zusammenzustellen.
Was ist der größte Unterschied zwischen schwedischer und dänischer Ästhetik?
Ellen findet „die dänische Mode im positiven Sinne entspannter und unbeschwerter. Die Dänen können Farbe besser integrieren und machen ein bisschen mehr Spaß – das gefällt mir. In Schweden ist der Stil durchdachter und minimalistischer. Ich kombiniere das gerne und trage lockere Schnitte auf reduzierte Art.“
So geht der skandinavische Look
Der skandinavische Stil mag zwar ambitioniert sein, ist aber keineswegs unerreichbar. Der minimalistische Ansatz, der zuerst die Aufmerksamkeit des internationalen Publikums auf die Region lenkte, erlaubt heute viel mehr Ausdruck der eigenen Ästhetik denn je zuvor.
Relaxtes Tailoring bei Acne Studios
„Ich trage Acne Studios, weil das Label ein schwedischer Favorit ist. Erst vor kurzem habe ich eine weite Leinenhose gekauft.“
Was als kreatives Kollektiv begann, wurde zur globalen Messlatte des Minimalismus.
Jonny Johanssons herausragende Basics bei Acne Studios sind in der schwedischen Kunst und Kultur verwurzelt. Man denke nur an übergroße Blazer, klobige Turnschuhe und Musubi-Taschen – perfekt für das tägliche Runterkommen (auf Schwedisch „Fika” genannt) oder eine gesellige Tasse Kaffee in Stockholms SoFo.
Scandi 2.0 bei GANNI
Egal auf welcher Party, man frage die bestangezogene Frau, was sie gerade trägt, und zu 90 Prozent wird sie „GANNI” antworten. Wir alle wären gerne dieses „GANNI Girl“. Kein Problem. Geleitet vom Ehepaar Nicolaj und Ditte Reffstrup transzendiert die Marke Trends für alle, egal ob klein oder groß, schlank oder voller. Zu den herausragenden Pieces, die Farbe, Print und nachhaltige Mode nach Kopenhagen bringen, gehören chunky Stiefel, bedruckte Shirts und natürlich die übergroße Kragenbluse.
Die perfekte Jeans von Eytys
„Eytys haben die besten Jeans. Ich fühle mich immer richtig wohl und selbstbewusst, wenn ich sie trage!”
Die perfekte Jeans ist aus der zeitgenössischen Mode nicht wegzudenken. Die Stockholmer Marke Eytys (mit dem Anspruch, eine der Begründerinnen des Chunky-Sneaker-Trends zu sein) kombiniert die Workwear-Ästhetik des East Los Angeles der 1990er Jahre mit der souveränen Anziehungskraft des skandinavischen Stils. Die Qual der Wahl besteht zwischen Slim-Fit-Klassikern und Titan-Jeans mit weitem Bein.
Herausragende Kleider von ROTATE
Nur für den Fall, dass du noch einen anderen Grund suchst, um bei den Dänen nach Stilinspirationen Ausschau zu halten, solltest du ROTATE auf deinen Schirm bekommen. Gegründet von den beiden Freundinnen und Ex-Kolleginnen Thora Valdimars und Jeanette Friis Madsen, werden bei dem Label Puffärmel und hochgeschlossene Kragen mit himmelhohen Minis ausgeglichen. Das passt, um bis in die frühen Morgenstunden zu tanzen, und ROTATE-Pieces dürften wortwörtlich in kontinuierlich bei dir in der Rotation bleiben.
Nachhaltige Basics von Filippa K
Die Scandi-Ikone Filippa K ist dafür bekannt, den heute ikonischen Minimal-Look in den frühen 90er Jahren etabliert zu haben. Auf Langlebigkeit ausgelegt, interpretiert das Label seine Mode als tragbare, ästhetisch ausgewogene Stücke, die die Zeit überdauern. Von schlichten weißen T-Shirts bis hin zu Sandalen zum täglichen Gebrauch – mit Filippa K stellt man eine Basisgarderobe mit Nachhaltigkeit zusammen.
Clashing Prints bei Stine Goya
Stine Goya umschifft alle skandinavischen Stereotypen und ist verspielter als die meisten anderen Marken. Das Label bringt Farbe und auffallande Print-Pieces in eine vom Minimalismus dominierte Modelandschaft und interpretiert Mode als primäre Ausdrucksform des Lebens. Wenn für dich florale Prints das Höchste sind, dann ist Stine Goya das Richtige für dich.
Alltagsuniformen von Totême
Hinter Totême stehen die Bloggerin Elin Kling und ihr Mann Karl Lindman, die Game-Changer im Bereich Investment-Pieces. Mit ihren „Style-Uniforms auf der Basis einer einzigen Ästhetik“ bietet sich das Label an, um dir zu helfen, das höchste aller Modeziele zu erreichen – ein müheloser Look. Ihre Baumwoll-T-Shirts, Lederhosen und Strickwaren gehören zu den bestgehüteten Geheimnissen der Branche.
Rüschen und akkurates Tailoring bei Brøgger
Ein Londoner Label mit Kopenhagener Geist? Das ist Brøgger. Die dänische Designerin Julie Brøgger bringt innovative Stoffe in die Designszene und bewegt sich im Spannungsfeld zwischen scharfen Linien und weichen Drapierungen. Sie beweist, dass sich Gegensätze tatsächlich anziehen, und bringt mit Rüschenoberteilen und taillierten Blazern einen spannenden Kontrast in deine Garderobe.
Spielerische Kontraste bei Baum und Pferdgarten
Das kreative Label Baum und Pferdgarten spiegelt die Ästhetik der beiden gleichnamigen Designerinnen wider. Rikke Baumgarten und Helle Heste gehören seit der Jahrhundertwende zum Kern der dänischen Modeszene. Von Künstlern gemachte Mode mit Fokus auf Inklusivität? Das findet unsere uneingeschränkte Zustimmung!
Pieces für die Ewigkeit von Cecilie Bahnsen
Kannst du dich an all die Puffärmelkleider mit schwingenden Röcken und zarten Details erinnern, die einst auf deinem Instagram-Feed auftauchten? Die sind Cecilie Bahnsen zu verdanken. Traditionelle Weiblichkeit wird bei Cecilie Bahnsen wiederbelebt - oder auch untergraben. Dabei ist das Ziel der dänischen Designerin, souveräne Kleider zu entwerfen, die sogleich langlebig und wandelbar sind. Das gelingt ihr mühelos: Baby-doll-Kleider? Meisterhaft umgesetzt. Cottagecore? Mit Cecilie Bahnsen ging’s los.