destination styleMontag, 9. Januar 2017

City Guide: Das Glockenbachviertel in München

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SoHo, Mitte, Manhattan … schon alles gesehen? Wer unter akutem Überdruss an dem Bekannten und Berühmten leidet und nach einer Alternative sucht, ohne zwangsläufig die Heimat zu verlassen, der sollte sich in Bayern umsehen. Das Glockenbachviertel in München ist das In-Viertel im Süden der Bundesrepublik. Es versprüht Heimatgefühl und Exotik zu gleichen Teilen und wird garantiert nicht enttäuschen.

Mit seinem hohen und gepflegten Altbaubestand hat es sich in den 1990ern zum am dichtesten besiedelten Wohnviertel der bayrischen Landeshauptstadt entwickelt. Der Stadtteil mit lebhaftem Nachtleben reicht von der Fraunhoferstraße im Norden entlang der Isar bis hin zur Braunauer Eisenbahnbrücke bzw. Lagerhausstraße. Im Westen verläuft die Grenze entlang der Thalkirchnerstraße bis zur Müllerstraße.

 Die lokale Kultur ist von der schwul-lesbischen Szene geprägt, mischt sich aber mit dem heterosexuellen Mainstream, was sich am sogenannten Glockenbachviertel-„Babyboom“ ablesen lässt. Eine Stadtteilkultur mit Straßenfesten, Flohmärkten und Kunstgewerbe rundet das Erlebnis ab.

 Ein klingender Name

Früher prägten aus der Isar abgeleitete Stadtbäche das Viertel. Der Glockenbach trägt seinen Namen, weil an seinem Ufer von 1476 bis 1671 ein Gießhaus stand, in dem auch Glocken in Form gegossen wurden. So trägt der Stadtteil bis heute diesen Namen, auch wenn bis auf den Westermühlbach alle Bäche inzwischen in den Untergrund verbannt wurden.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Isarvorstadt nur dünn besiedelt, insbesondere Handwerker und Tagelöhner nannten sie ihr Zuhause. Später entwickelte der Stadtteil sich zum Mietshaus- und Gewerbeviertel. Es siedelten sich viele Juden an, die mit ihrer Kultur auch Textil- und Bekleidungsgewerbe und koschere Lebensmittelgeschäfte mitbrachten.

Zum liberalen Beginn des 20. Jahrhunderts war die Müllerstraße bekannt für ihre Bordelle und Schwulenszene. Der „Arndthof“ im Glockenbachviertel und das „Gasthaus Schwarzfischer“ im Hackenviertel waren bekannte Szenelokale. Sie standen 1934 im Zentrum von Razzien der Nationalsozialisten. Der Münchener Stadtrat beschloss 2014, am Standort des im Zweiten Weltkrieg zerstörten „Schwarzfischer“ ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Lesben und Schwulen zu errichten. 

Wiederaufbau und Wandel

Nach dem Zweiten Weltkrieges blühte das Glockenbachviertel langsam wieder als Ausgehviertel auf. In den 1950er Jahren fasste die Schwulenszene wieder Fuß, auch wenn die verschärfte Version des „Schwulenparagraphen“ §175 noch in Kraft war. In der Müllerstraße eröffnete 1967 mit dem „Ochsengarten“ die erste Lederbar Deutschlands.

 In den 1960ern war das Glockenbachviertel ein Magnet für Rock’n’Roll- und Twist-Fans. Später lockte der Stadtteil Künstler und Starfriseure in die noch günstigen Altbauwohnungen der 80er-Jahre, deren neobarocke Fassaden (entstanden 1897–1900) im Jahr 1981 unter Ensembleschutz gestellt wurden.

Ein Besuch ist nicht komplett ohne …

Feiern auf der Müllerstraße

Im „Ksar“ gibt es leckere Cocktails, später tanzt das gemischte Publikum die Nacht davon. Die „Registratur Bar“ wartet mit zurückhaltendem Ambiente und Elektro ab 21 Uhr auf.

Das „Beverly Kills“ spielt vor allem Hip-Hop für ein Publikum in den Zwanzigern. Nebenan im „Bazis Schlemmerkucherl“ lockt bayrisches Fast-Food: Schweinsbraten mit Knödeln und Blaukraut to-go.

Bummeln, Kino und Tanz auf der Hans-Sachs-Straße

Auf der Hans-Sachs-Straße finden sich Bücher in der „Glockenbachbuchhandlung“. Der „7. Himmel“ bezaubert mit einer kuratierten Auswahl kleiner Labels.

Bei „Lo de Laura Tango Loft“ stehen Tango-Events, Kurse und Wochenendworkshops für Anfänger auf dem Programm. Es ist ratsam, schon mit den passenden Schuhen zu kommen.

Das Kino „Neue Arena“ eröffnete bereits im Jahre 1912 und ist heute ein Programmkino mit Anspruch – 2011 sowie 2014 erhielt es den Kinoprogrammpreis der Stadt München und darüber hinaus eine Auszeichnung vom Bundeskulturminister.

 Shopping auf der Fraunhoferstraße

Bei „Wolff’s Antikquarium“ lassen sich Raritäten ergattern und bei „Sams & Son“ gibt es antiquarisches Gepäck und Globen als erste Hilfe bei Fernweh. Frisch in der Galerie Rupert Walser erstandene Drucke kann man bei Joseph Raab rahmen lassen.

 Männermode und -accessoires findet man bei „Ralf’s Fine Garments“. Die „Werkstatt München“ bieten konzeptionellen, handwerklich gefertigten Schmuck. Alles rund um Vinyl findet man in der „Schallplattenzentrale“, während sich in der „Comic Company“ herrlich in Comics schmökern lässt.

Im Dirndl über den Friedhof

 Wenn man schon einmal im Freistaat ist, kann man sich ja gleich ein Dirndl oder passendes Accessoire anschaffen. Moderne Trachtenmode ersteht man bei „Julia Trentini“ in der Westermühlstraße und bei „Almliebe“ in der Ickstattstraße.

Der alte Südfriedhof wurde 1563 als Pestfriedhof angelegt. Viele historische Persönlichkeiten fanden an diesem verwunschenen Ort ihre letzte Ruhestätte. Das Lapidarium spiegelt durch kunsthistorische Skulpturen und Bronzetafeln die Geschichte und Architektur des Friedhofs wider.

Café und Süßes

In der Chocolaterie „Götterspeise“ in der Jahnstraße gibt es neben Leckereien auch passende Dekoartikel und Bücher als schöne Mitbringsel. Wer in Sommerlaune ist, findet im „Eismeer“ auf der Pestalozzistraße handgemachtes Eis, auf Wunsch auch vegan. Gegenüber in der „Kaffeebar Aroma“ zieht der Duft herzhafter Snacks und Suppen den unschuldig Vorbeischlendernden magisch an.

 Hofflohmarkt, Open-Air-Kino und Straßenfeste im Sommer

Jedes Jahr im Juni organisieren die Anwohner des Glockenbachviertels in ihren Innenhöfen einen Flohmarkt. So erlangt man einen Blick hinter die Fassaden und kann wunderbar nach ausgefallenen Deko-Ideen und Vintage-Schätzen stöbern. Das Viehhof-Kino an der Tumblingerstraße Ecke Ruppertstraße bietet ein Open-Air-Programm. Sonntags wird hier der „Tatort“ gezeigt, einen Biergarten und Konzerte gibt es auch.

Fazit: Das Münchner Glockenbachviertel ist ein ebenso dynamisches wie inspirierendes Viertel, in dem es jede Menge zu entdecken gibt.

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